Das ehemalige Schulhaus in Ottersdorf bei Rastatt wurde 1875 erbaut. Nach dem Umzug der Schule in ein anderes Gebäude wurde es 1936/37 um eine Etage aufgestockt und in Lehrerwohnungen umgewandelt.
Anselm Kiefer – dessen Vater Lehrer in Ottersdorf war – lebte in diesem Haus mit seinen Eltern, Geschwistern und einer weiteren Lehrerfamilie von 1951 bis 1957, bevor die Familie nach Rastatt-Niederbühl zog.
2019 erwarb Kiefer sein Ottersdorfer Elternhaus, um es zu restaurieren und Ausstellungen darin zu zeigen. Als er es mit Wim Wenders besuchte, war dieser so angetan vom Haus und seiner Nähe zum Rhein, dass er im Kinderzimmer von Anselm Kiefer und am Rheinufer Szenen für seinen Film ANSELM – Das Rauschen der Zeit (2023) drehte.
“Er zeigte mir sein Elternhaus in Ottersdorf, das er zurückgekauft hatte. In den 80er- und 90er Jahren war es „restauriert“, also verschandelt worden, und er ließ es wieder in seinen Urzustand zurückbauen. (…) Heute ist das Gebäude zu schön, um wahr zu sein, und ich wollte es im Film haben. Dort am Rhein spielen die Szenen des jungen Anselm. Das hat mich fasziniert, weil ich auch am Rhein aufgewachsen bin, einige hundert Kilometer weiter nördlich in Düsseldorf. Es war derselbe Fluss, vor dem wir beide im selben Alter oft standen. Der Rhein war meine Jugend, ich war dort jeden Tag, es gab ja keine Spielplätze, nur Trümmerspielplätze, wo man nicht hindurfte, aber natürlich trotzdem hinging. (…) Die Rheinbrücken lagen im Wasser, und das andere Ufer war wie die andere Seite des Mondes – dort kam man ja nicht hin. Genauso ging es Anselm, auch bei ihm war die Brücke zerstört und Frankreich unerreichbar. Es war derselbe Fluss – da wollte ich unbedingt drehen, also musste auch der junge Anselm vorkommen.”
Wim Wenders in DCM Stories
Quelle: ARCHITECTURAL DIGEST, Text: Bettina Krause, 20. September 2023
Seit Frühjahr 2025 werden im Haus Kiefer Ausstellungen gezeigt.